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Demografie der japanischen Mangaleser

Die Funktionsweisen und der Aufbau des Manga- und Animemarkts hat mich schon immer interessiert und dabei auch speziell jene des japanischen Marktes. Da Verlage und Produzenten aber nur ungern Zahlen veröffentlichen, stösst man nur selten auf Informationen.

Der japanische Verlag Ichijinsha hat auf seiner Homepage eine Reihe von Zahlen zu seinen Magazinen veröffentlicht, welche einen Einblick in die japanischen Markt von Manga-Magazinen geben kann.

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Zuerst die effektiven Daten:

Comic ZERO-SUM

Ein Shoujo-Magazin bekannt für Serien wie Saiyuki Reload, Loveless oder Hatenko Yuugi.
Auflage: 120’000, erscheint monatlich

Geschlecht: 85% Frauen und 15% Männer
Alter: 39% 10-19, 22% 20-24, 14% 25-29 und 25% 30 und älter

Comic REX

Ein Shounen-Magazin mit Serien wie Kannagi, CYNTHIA_THE_MISSION, Bus Gamer oder Twinkle Saber.
Auflage: 100’000, erscheint monatlich

Geschlecht: 85% Männer und 15% Frauen
Alter: 30% 10-19, 24% 20-24, 23% 25-29, 23% 30 und älter

Comic Yuri-Hime

Ein Shoujo Yuri-Magazin mit Serien wie Strawberry Shake Sweet, Voiceful oder Simoun.
Auflage: 75’000, erscheint alle drei Monate

Geschlecht: 70% Frauen und 30% Männer
Alter: 27% 10-19, 27% 20-24, 23% 25-29, 23% 30 und älter

Manga 4koma KINGS Palette

Ein Magazin mit 4koma-Strips (Gag-Comics mit je vier vertikal angeordneten Panels – wie etwa Azumanga Daioh).
Auflage: 70’000, erscheint monatlich

Geschlecht: 90% Männer und 10% Frauen
Alter: 15% 10-19, 29% 20-24, 25% 25-29, 31% 30 und älter

Einige Gedanken zu den Zahlen:

Wichtig ist zu beachten, dass dies Zahlen eines einzigen Verlages sind. Dieser bietet zwar Magazine für verschiedene Zielgruppen an, diese decken aber sicher nicht alle Zielgruppen ab. Die Magazine scheinen generell mehr für ein versiertes Publikum ausgelegt zu sein.

Bei den Altersgruppen fällt auf, dass die Jahre nicht gleichmässig aufgeteilt sind. Alle 10- bis 19-jährigen müssen sich eine Kategorie teilen, die 20- bis 29-jährigen werden dann aber in zwei Kategorien aufgeteilt und alle über 30 müssen sich auch wieder mit einer Kategorie zufrieden geben.

Das macht die Bewertung der Grafiken nicht auf den ersten Blick intuitiv. Weil die Altersgruppe der 20- bis 29-jährigen aufgeteilt wird, scheint sich das Alter gut zu verteilen. Die mittlere Altersgruppe macht aber je weils 36% bis 54% aus und stellt damit den grössten Anteil der Leser. Dabei ist die Leserschaft aber trotzdem gut aufgeteilt, immerhin gut 30% der Leserschaft ist älter als 30 Jahre und mit 23% ist dieser Wert auch bei Shounen- und Shoujo-Magazinen recht hoch.

Weniger durchmischt als das Alter ist die Aufteilung nach Geschlecht. Es gibt zwar jeweils 10% bis 30% Leser des anderen Geschlechts, die Magazine scheinen sicher aber klar an ein Geschlecht zu richten. Auffallend ist auch, dass das Yuri-Magazin an Frauen gerichtet und auch hauptsächlich von diesen gelesen wird, auch wenn dort mit 30% der Anteil des anderen Geschlechts deutlich höher liegt.

Spannend wäre hier auch ein vergleich mit den westlichen Märkten. Falls jemand ähnliche Daten kennt, würde mich das interessieren.

Meine Vermutung ist, dass die Leserschaft im Westen eher jünger ist. Die Leser dürften im Durchschnitt etwa 20 Jahre alt sein und Leser über 30 kann man nicht all zu viele finden. Wobei hier die Unterschiede auch beträchtlich sein können. So scheint es zum Beispiel im französischen Markt einen grösseren Anteil an älteren Lesern als etwa im deutschen Markt geben.

Das ist auch nur eine Vermutung, aber bei uns werden Shounen- und Shoujo-Ai hauptsächlich vom anderen Geschlecht gelesen. Das trifft hauptsächlich auf Shounen-Ai zu, Shoujo-Ai wird (auch in Japan) nur sehr wenig publiziert.

Quellen:
Anime-Days (fr)
Ichijinsha (jp)
Canned Dogs (en)

von Adrian am 04.05.2008 in Japan, Manga
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3 Kommentare

Ataru

Ich bin überrascht, dass ein Magazin wie die Yuri-Hime deutlich mehr von Frauen als von Männern gelesen wird. Das relativiert eine meiner Annahmen über dieses Genre jetzt doch nachhaltig.

Weiter fällt mir die für Mangamagazine doch recht tiefen Auflagezahlen auf, was auf eine extreme Spezialisierung hindeutet. Die “Afternoon” von Koudansha, die sich immerhin an eher angefressenen Mangafans auf der Suche nach alternativen Geschichten richtet, liegt noch im Bereich zwischen 140’000-150’000/Monat. Mehr an den Mainstream gerichtete Magazine wie die “Young”-Reihen bei den grossen Verlagen fangen dann von 300’000 Exemplaren/zweiwöchentlich an aufwärts.

Der hohe Anteil an älteren männlichen Lesern beim Yon-Koma Magazin erkläre ich mir so, dass diese Leserschaft aus beruflichen Gründen keine wirkliche Zeit hat, längere Fortsetzunggeschichten zu verfolgen, nichtsdesto trotz fürs Lesen von kurzen Gagstrips mit niedlichen Charakteren die knappe Zeit noch aufbringen kann (zwischendurch in der Metro oder am Arbeitsplatz).

Yuki

Das die Leserschaft im Westen wesentlich jünger ist, ist schon fast keine Vermutung mehr. In Deutschland dürfte ein Großteil unter zwanzig Jahren sein. Der französische Markt dagegen ist viel kultivierter, auch durch seine ganz eigene, sehr wertschätzende Auffassung von Comic und Kunst im Allgemeinen. Außerdem haben die ja ne eigen Vergangenheit was das Genre angeht, man denke nur an Jean Giraud alias Möbius. Wir Deutschen dagegen haben keine wirkliche Comickultur, kann mich jedenfalls an keinen bedeutenden Zeichner erinnern, oder gab es einen?

• Adrian

Hier gibts ein paar Infos:
http://de.wikipedia.org/wiki/Comic_in_Europa

Deutschland scheint vor allem um 1900 viel Einfluss gehabt zu haben. Willhelm Busch wird als einer der Urväter des Comics gerechnet und deutsche Zeichner halfen nach 1900 auch international, Karrikaturen und Comic-Strips zu etablieren (Rudolph Dirks, Lionel Feiniger, Simplicissimus).

Spannend finde ich den Hinweis, dass in Frankreich Comics um 1970, unterstützt von den Studentenbewegung, einem älteren Publikum zuzuwenden begannen. Ähnliches ist etwas früher durch die Gekiga-Manga auch in Japan passiert. So wie ich das verstehe, waren Comics zuvor in der Nachkriegszeit überall meistens an ein jüngeres Publikum gerichtet. In Frankreich und Japan verlangten aber um 1960/70 die jungen Erwachsenen, die mit Comics aufgewachsen sind, auch an ihre Altersgruppe angepasste Werke.

In Deutschland hat dieser Wandel nie stattgefunden. Während in Frankreich und Japan die Leser die Comics mitgenommen und ihren Interessen agepasst haben, blieb der Comic in Deutschland ein Medium, das sich hauptsächlich an Kinder richtet. Warum die Erwachsenen in Deutschland das Comiclesen aufgegeben haben, während es in Frankreich und Japan weiter ein Interesse geblieben ist, ist eine gute Frage.

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