Das hat dazu geführt, dass ich in der letzten Season einige Serien geschaut habe, mehr als schon lange nicht mehr. Geholfen hat aber auch eine ganze Reihe von guten Serien. Der Komfort sich nicht mehr mit Fansub-Gruppen herum schlagen zu müssen, die Gewissheit auch etwas an die Produzenten zurückfliessen zu lassen und die Möglichkeit einfach in Serien zu schmökern, haben auch geholfen.
Hier mein Eindruck zu den Serien, die ich in der Winter 2011 Season geschaut habe: Baby, Please Kill Me!, Black Rock Shooter, Bodacious Space Pirates, Chihayafuru, Natsume’s Book of Friends, Nisemonogatari, Poyopoyo und Waiting in the Summer.
Auch die schon angelaufene Spring 2012 Season ist vielversprechend! Shinichiro Watanabe ist zurück mit Kids on the Slope, Kenji Nakamura mit Tsuritama und Sayo Yamamoto mit Lupin III: The Woman Called Fujiko Mine.
Regie: Yoshiki Yamakawa, Drehbuch: Hideki Shirane, ANN
Basierend auf einem 4-koma Manga von Kaduho, handelt Baby, Please Kill Me! von den Schülerinnen Yasuna und Sonya, wobei Sonya nebenberuflich auch noch Auftragsmörderin ist. Beide verhalten sich wie ein typisches Manzai-Duo mit Sonya als Tsukkomi und Yasuna als Boke. Ab und zu gesellt sich auch noch Agiri zu dem Duo, sie entstammt einer Familie von Ninjas und versucht Yasuna immer fragwürdiges Ninja-Equipment anzudrehen.
Den Manga kannte ich schon im Voraus und hatte mich auf die Anime-Adaption gefreut. Die Dynamik zwischen Yasuna und Sonya stimmt und die Serie lässt nicht nach, auch wenn sie mit nur diesen drei Charakteren auskommen muss. Ob einem die Serie zuspricht hängt primär davon ab, ob man mit dieser Art von Humor etwas anfangen kann. Ich habe mich köstlich amüsiert und fand auch das Opening super – entgegen der gängigen Meinung der Internet-Fangemeinde.
Regie: Shinobu Yoshioka, Drehbuch: Mari Okada, ANN
Ein Name, den man in den letzten Jahren in den Abspannen von einigen der besten Serien finden konnte, ist der von Mari Okada. Überraschennderweise nicht in der Position der Regie, sondern als Drehbuchautorin, eine Position die sonst eher wenig Beachtung findet. Mari Okada konnte aber einen eigenen Stil und vor allem eine starke Sensibilität etablieren, die in ihren verschiedenen Serien trotz unterschiedlicher Regisseure, Stile und Genres erkennbar sind.
Dank Mari Okada ist auch aus der durchschnittlichen Black Rock Shooter OVA eine überdurchschnittliche TV-Serie geworden. Die Geschichte dreht sich um zwei Parallelwelten – die Realität und eine zweite stilisierte Welt, in der sich Gestalten gegenseitig bekriegen, die an die Charaktere aus der Realität erinnern. Während der Zusammenhang zwischen den Welten in der OVA nur oberflächlich ausgearbeitet war, geht die TV-Serie genauer darauf ein.
Die einzelnen Teile hätten gut eine recht schlechte Serie ergeben können. Doch Mari Okadas Sensibilität für die Psychologie der Charaktere rettet die Serie von den Fallgruben der Banalität und macht sie sehenswert. Gerade die Symbolik in der Parallelwelt ist nicht zu grobschlächtig oder zu bedeutungsschwanger, sondern relevant für die Geschichte und intelligent.
Regie & Drehbuch: Tatsuo Sato, ANN
Bodacious Space Pirates vom Anime-Veteran Tatsuo Sato (Martian Successor Nadesico, Stellvia, Tokyo Tribe 2) hat in seiner Art etwas sehr klassisches. Man könnte sich die Serie gut im vorletzten Jahrzehnt vorstellen und das ist wunderbar erfrischend. Ohne exzessiven Fanservice, Moe und grossen Verschwörungen oder bevorstehende Weltuntergänge. Die Welt und Geschichte von Bodacious Space Pirates ist schlicht und effizient und damit umso unterhaltsamer.
Marika muss plötzlich das Piratenschiff ihres Vaters übernehmen und sich in einer Welt behaupten, in der Piraterie zwar legalisiert wurde aber noch am Rande der Legalität operiert. Tatsuo Sato trifft eine gute Balance zwischen einer komplexen aber nicht zu detailverliebten Geschichte und zwischen viel Selbstironie und genug Ernsthaftigkeit. Weder die Geschichte noch die Charaktere sind besonders interessant aber dafür so gut erzählt, dass die Serie empfehlenswert ist.
Regie: Morio Asaka, Drehbuch: Naoya Takayama, ANN
Chihayafuru dreht sich um das Kartenspiel Karuta, das mit den Hyakunin Isshu Gedicht-Karten gespielt wird, die Gedichte vom Japanischen Kaiserhof zwischen 500 – 1000 n.Chr. versammeln. Zwei Spieler treten gegeneinander an, teilen die Karten auf und legen sie vor sich auf den Boden. Die erste hälfte eines Gedichtes wird vorgelesen und die Spieler müssen so schnell wie möglich die Karte mit dem zweiten Teil auf dem Boden finden.
Das Spiel ist so langweilig und altbacken wie es tönt, doch Chihayafuru gelingt es brilliant, aus dem Spiel und dessen Japanischen Meisterschaften eine spannende Geschichte zu machen. Das gelingt vor allem durch seine erstklassige Machart, sympathische Charaktere und viel Humor.
Regie: Takahiro Omori, Drehbuch: Sadayuki Murai, ANN
Takahiro Omori führt schon seit Mitte der 90er Regie und überzeugt immer wieder mit vielseitigen und hochwertigen Projekten. Angefangen mit Fancy Lala und Hyper Police in den 90ern und vor allem in den letzten Jahren mit Princess Jellyfish, Durarara!! oder auch Koi Kaze. Omori adaptiert den Manga von Yuki Midorikawa sehr werkgetreu und mit der nötigen Sensibilität. Seit 2008 werden immer wieder 13-teilige Serien produziert, die langsam die einzelnen Geschichten des Manga adaptieren.
Natsume kann Geister sehen und nachdem seine Eltern verstorben sind, wird er von Verwandten zu Verwandten weiter gereicht. Sein unerklärliches Verhalten, wenn er von Geistern gejagt wird, isoliert ihn von seinen Klassenkameraden und Gastfamilien. Bis er von den Fujiwaras bedingungslos aufgenommen wird. Langsam akzeptiert er seine Fähigkeit Geister zu sehen und knüpft Freundschaften mit Klassenkameraden und einigen Geistern.
Die Story ist in einzelne unabhängige Geschichten aufgeteilt, wobei es aber immer eine langsame aber stetige Entwicklung gibt. Midorikawa hat es erstklassig geschafft, die einzelnen Episoden eigenständig zu halten, die Charaktere sich aber entwickeln zu lassen. Die Geschichten sind spannend und überzeugen mit ihren Charakteren und einem feinen Humor. Die Adaption von Omori ist qualitativ hochwertig, mit viel nuancierter Animation und bester Produktion.
Regie: Akiyuki Shinbo / Tomoyuki Itamura, Drehbuch: Akiyuki Shinbo / Fuyashi Tou, ANN
Akiyuki Shinbo hat sich in den letzten Jahren als einer der grafisch innovativsten Anime-Regisseure etabliert und in etlichen Serien eine grosse Experimentierfreude bewiesen. So setzt er zum Beispiel als einziger Anime-Regisseur Typografie bewusst ein und arbeitet stark mit visueller Reduktion und Repetition. Das macht ihn für mich zu einem äusserst spannenden Regisseur, nur leider setzt er in seinen Serien meistens auch auf exzessiven Fanservice.
Während bei Nisemonogataris Vorgänger, Bakemonogatari, das Visuelle noch über den Fanservice hinwegtrösten konnte, ist dieser bei letzterer so penetrant, dass auch die schönsten Layouts nicht helfen. In vielen Fällen ist die Hauptmotivation die Maximierung des Fanservice und alles andere muss darunter leiden. Schade.
Regie & Drehbuch: Akitaro Daichi, ANN
Akitaro Daichi (Child’s Toy, Jubei-chan, Now and Then; Here and There, Fruits Basket) vertreibt sich die letzten Jahren mit kurzen Comedy-Serien (Gag Manga Biyori, Kuruneko und Yume o Kanaeru Zou). Poyopoyo ist nach Kuroneko eine weitere Comedy-Serie über Katzen, dieses Mal über eine, die so rund wie eine Kugel ist.
Akitaro Daichi versteht etwas von Comedy-Timing wie kein anderer und damit ist er prädestiniert für Comedy-Serien. Poyopoyo ist keine Ausnahme, die kurzen dreiminütigen Episoden sind witzig und kurzweilig. Dennoch würde ich mir mal wieder eine richtige Serie von ihm wünschen, eine auf der Höhe von Jubel-chan 2 oder Now and Then, Here and There.
Regie: Tatsuyuki Nagai, Drehbuch: Yousuke Kuroda, ANN
Der spiritueller Nachfolger von Onegai Teacher und Onegai Twins (auch mit Yousuke Kuroda als Autor und Taraku Uon als Charakter-Designer) verläuft sich im Beziehungs-Wirrwar, ohne dass ich irgendwo emotionalen anknüpfen könnte. Die Serie ist eine Aneinanderreihung von klassischen Situationen, welche mit einem Schüler-Filmprojekt unmotiviert und langweilig verknüpft werden. Dazu kommt eine gleichsam unmotivierter Plot mit Aliens, der in einem klassischen “geht ihr nur weiter, ich halte sie auf!”-Finale jedes Nebencharakters kulminiert und damit die Uninspiriertheit der Serie besiegelt. Das ist schade, nur schon wegen der schönen Machart der Serie.
]]>Sein neuster Film, Children Who Chase Stars oder Children Who Chase Lost Voices from Deep Below, wie der unglückliche offizielle Titel lautet, markiert eine Weiterentwicklung der Formel von Shinkais früheren Werken. Nach eigener Aussage hat Shinkai dabei zum ersten Mal richtig als Regisseur gearbeitet und verstanden, was Regisseur sein wirklich bedeutet.
Zuerst fallen bei Shinkai vor allem die detaillierten übersättigten Hintergründe auf, die vor allem durch aufwendige Lichteffekte sehr realistisch wirken. Kontrastiert werden die Hintergründe durch ein einfaches Design der Charaktere, das zu Beginn vielleicht einer Notwendigkeit folgte (Shinkai animierte alles selber), für seinen Stil aber prägend wurde. Inhaltlich befassen sich seine Werke mehr mit Stimmungen und Gefühlen und haben nur einen dünnen oder mysteriösen Plot. Voices of a Distant Star handelt zum Beispiel von einem jungen Liebespaar, das durch eine unüberwindbare und immer grössere Distanz getrennt ist. Der Film fokussiert ganz auf die melancholische Hilflosigkeit seiner Protagonisten und das Sci-Fi Setting gibt nur den Rahmen, ohne gross relevant zu sein. Mehr oder weniger unüberwindbare Distanzen zu Geliebten sind auch zentrale Themen in seinen ersten Langfilmen, sei es das Koma einer Person in The Place Promised in Our Early Days oder ein Wintersturm in 5 Centimeters Per Second.
Bei Children Who Chase Stars ist die grösste Entwicklung im Vergleich zu seinen früheren Werken eine eigentliche Handlung als zentrales Element des Filmes. Die Distanz ist immer noch das grundlegende Thema, diesmal in der Form von Verstorbenen. Dabei hat sich der Fokus aber auf die Handlung verschoben und die Welt um die Protagonisten tritt viel schärfer in den Vordergrund als bei seinen früheren Filmen, wo sie in der Regel nur angedeutet wurde und schemenhaft blieb.
Zum ersten Mal verwendet Shinkai ein Fantasy-Setting, verknüpft dieses aber wie zuvor seine Sci-Fi Settings mit viel alltäglicher Profanität. Die Fantasy-Welt ist klar von Ghibli inspiriert, der Vorwurf, Shinkai habe einen Ghibli-Abklatsch gemacht, greift aber zu kurz. Children Who Chase Stars ist mehr in klassischer Fantasy und Shinkais eigenem Stil verwurzelt, als dass er sich auf die Ghibli-Referenzen reduzieren lassen würde. Vielmehr fällt mit der Fantasy-Ästhetik die Nähe, welche Shinkai immer schon zu Ghibli gehabt hat, viel deutlicher auf.
Für mich liegt das Problem bei Children Who Chase Stars auch an einem anderen Ort, und zwar am gleichen wie schon bei Shinkais früheren Langfilmen: Die schwerfällige Dramaturgie und skizzenhafte Handlung haben bei Voices of a Distant Star wegen seiner starken Reduktion und Abstraktion funktioniert. Indem Shinkai aber versucht, diese einfache Formel zu erweitern, kommen seine Schwächen beim Erzählen und Charakterisieren deutlich zum Vorschein. Shinkai versucht grosse Themen zu behandeln, seine Stärke liegt jedoch in den Stimmungsbildern und Momenten, die mehr andeuten als konkret zeigen. Das steht im Wiederspruch zu seinen Bemühungen, den Filmen eine klassischere Handlung zu geben. Womit ich aber nicht sagen will, dass Shinkai sich nicht darauf konzentrieren sollte. Zwar sehe ich dort seine grosse Schwäche, hoffe aber, dass er diese meistern und mit seinen bestehenden Talenten verbinden kann. Seine drei Langfilme zeigen klar eine Entwicklung und ich bin gespannt, was Shinkai uns weiter bieten wird.
Die Handlung und Charaktere in Children Who Chase Stars sind dünn, aufgebläht durch Esoterik und einfach vorhersehbar. Geblieben sind eindrückliche Hintergründe, eine schöne und einfallsreiche Welt und einige stimmige Szenen. Der Film ist Unterhaltsam und empfehlenswert, es fehlt ihm aber die Prägnanz von Voices of a Distant Star.
P.S: Der Vergleich mit Ghibli finde ich eher interessant, um die Unterschiede auszuloten und damit etwas mehr über die beiden Stile zu lernen. Hier ein paar Eindrücke:
Neben dem stetig wachsenden Computerspiel-Schwerpunkt mit Ausstellungen und spannenden Präsentationen, den das Fantoche nun schon zum dritten Mal veranstaltet, freue ich mich immer auf die Langfilme, von denen in der Regel nur wenige bei uns regulär im Kino anlaufen. Dieses Jahr war für mich keiner darunter, den ich schon im Voraus sehnlichst erwartet hätte. Doch drei der Filme, die ich mit etwas zwiespältiger Vorfreude schauen gegangen bin, haben mich positiv überrascht.
Nachfolgend kurze Kritiken zu den vier Langspielfilmen, die ich am Fantoche zum ersten Mal gesehen habe: The Great Bear, Tatsumi, Le Chat du Rabbin und Une Vie de Chat.
Regie: Esben Toft Jacobsen, Produktionsland: Dänemark. IMDB
Der dänische Kinderfilm überzeugt vor allem durch die Reduktion: Die Story wird gekonnt mit nur vier Charakteren und wenigen Elementen erzählt und das 3D-Rendering ist nicht von der besten Qualität, bringt aber verblüffend schöne Naturbilder zustande. Die Animation ist auch einfach aber sauber und effektiv, gerade der grosse Bär überzeugt in dieser Hinsicht klar.
Jonathan und seine kleine Schwester Sophie haben einen Streit, worauf sich Sophie in den grossen Wald wagt und dort auf den grossen Bär trifft, der sie aufnimmt und beschützt. Jonathan folgt seiner Schwester auf der Suche nach ihr und trifft dabei auf einen Jäger, der schon lange dem grossen Bären auf der Schliche ist und sich an ihm für die Zerstörung seines Dorfes rächen möchte.
Der Film versucht auch eine Öko-Botschaft zu vermitteln, die zum Glück nicht aufdringlich ist und sich mehr im Hintergrund hält. Sie reduziert sich dann aber auch auf die etwas platte Aussage, dass der Mensch mit der Natur zusammen leben soll und verkitscht dabei die Natur zu etwas grundlegend Gutem, das keinem Mensch ein Haar krümmen würde, wenn wir nur nett zu ihr wären.
Regie: Eric Khoo, Produktionsland: Singapur. IMDB
Film über den Manga-Zeichner Yoshihiro Tatsumi, der 1957 die Gekiga-Bewegung gestartet hat. Diese hat die damals noch als reine Kinder-Literatur angesehnen Mangas auch als Erwachsenen-Literatur etabliert und damit auch den “Manga-Gott” Osamu Tezuka zum Zeichnen von Mangas für eine ältere Zielgruppe veranlasst. Der Film ist eine Mischung aus der Biografie von Tatsumi (welche er selber als Manga veröffentlicht hat) und fünf seiner Kurzgeschichten.
Neben den grossartigen Kurzgeschichten verblasst Tatsumis eigene Biografie und am Anfang ist es schwierig, die Übergänge zwischen seiner Biografie und den einzelnen Geschichten zu erkennen. Dafür glänzt der Film aber mit der grafischen Adaption von Tatsumis Zeichnungsstil, der wunderbar animiert ist und äusserst frisch wirkt. Dazu kommt der gelungene Soundtrack, komponiert vom 13-Jährigen Sohn des Regisseurs.
Regie: Antoine Delesvaux und Joann Sfar, Produktionsland: Frankreich und Österreich. IMDB
Basierend auf der gleichnamigen Comic-Serie von Joann Sfar, adaptiert vom Autor selber. Nahe am wunderbar eigensinnigen Zeichenstil des Comics gehalten überzeugt der Film auf grafischer Ebene wie auch durch seinen trockenen Humor, der sich mit den vielen Wiedersprüchen der Religionen befasst.
Anfangs des 20. Jahrhunderts in Algier lebt ein Rabbiner mit seiner Tochter und ihrer Katze. Nachdem diese einen Papagei verspeisen hat, beginnt sie plötzlich zu sprechen und möchte, nachdem sie der Rabbiner in das Judentum eingeführt hat, auch seine Bar Mitzwa absolvieren. Im folgenden stellt die Katze zwar nicht die Religion an sich in Frage, entblösst aber viele Wiedersprüche im Glauben der einzelnen Charaktere.
Der sehr episodenhaft erzählte Film fällt dramaturgisch etwas auseinander. Es wird nicht klar wohin der Plot eigentlich will, bis im zweiten Teil des Films eine Reise etwas Struktur bringt. Die einzelnen Episoden sind aber mehr als Unterhaltend genug, um über diese Schwäche hinwegzusehen. Nur schon die Katze mit der Stimme von François Morel macht den Film sehenswert.
Regie: Jean-Loup Felicioli und Alain Gagnol, Produktionsland: Frankreich, Niederlande, Schweiz und Belgien. IMDB
Die Überraschung des diesjährigen Fantoche: Überaus witziger und einfallsreicher Kinderfilm mit interessantem Zeichnungsstil und sympathischen Charakteren. Auch wenn der Film verschiedene ernste Themen anschneidet, verfällt er nie dem Pathos und bietet viel clevere Action im Stil von klassischen Gauner-Komödien. Nichts am Film speziell originell oder überraschend, die gelungene Umsetzung macht aus dem Stoff aber gute Unterhaltung.
Zoés Vater wurde von dem berüchtigten Gangster Victor Costa ermordet und seither setzt ihre Mutter und Kommissarin Jeanne alles daran, den Mörder zu fassen. Dabei vernachlässigt sie zunehmend ihre Familie und damit bleibt Zoé nur noch ihre Tagesmutter Claudine und ihre Katze. Diese Führt aber ein Doppelleben und begleitet in der Nacht den Dieb Nico auf seinen Raubzügen. Als Zoe eines Abends ihre Katze aus Neugier verfolgt, wird sie in den Fall ihrer Mutter hineingezogen.
]]>Darunter waren praktisch keine Fehltritte, einige lauwarme aber unterhaltende Filme und eine ganze Menge grossartiger Entdeckungen. Über Nagisa Oshima und Nobuhiro Yamashita habe ich an dieser Stelle schon geschrieben, hier geht es aber um die 20 grössten Highlights, welche ich in den letzten beiden Jahren gesehen habe. Die Auswahl ist natürlich höchst selektiv und spannt sich über mehr als 50 Jahre. Bei Gelegenheit werde ich vielleicht über die einzelnen Filme noch ausführlicher Berichten.
Die Filme sind chronologisch geordnet. Alle Filme sind entweder irgendwo mit englischen Untertiteln auf DVD erschienen oder wurden von Fans im Internet übersetzt.
Mikio Naruse – 1957
Afangs des letzten Jahrhunderts hatten es Frauen keinesfalls einfach in Japan und Mikio Naruse hat sich immer wieder ihrer Lage gewidmet. In einer Zeit als erwartet wurde, dass sich die Frauen still und geduldig ihren Männern ergeben, wehrt sich Oshima gegen die Ungerechtigkeit und die Unfähigkeit ihrer Männer. Ein ausgewogener und feinfühliger Film, der mehr die Umstände als die Leute als Auslöser des Leidens ortet und immer die Menschlichkeit seiner Charaktere betont.
Naisa Oshima – 1961
Während des Zweiten Weltkrieges stürzt ein amerikanisches Flugzeug in den japanischen Bergen ab und ein nahes Bauerndorf nimmt den schwarzen Piloten als Geisel. Während zu Beginn die Neugierde überwiegt, dreht sich langsam die Stimmung gegen den wehrlosen Soldaten. Ein bedrückender Film über Rassismus und die Dynamiken in einer kleinen Gruppe, bei dem die Protagonisten aber nie verteufelt oder zu Monstern stilisiert werden.
Nagisa Oshima – 1971
Die Geschichte einer feudalen Familie, deren Leben sich zum Grossteil in Zeremonien abspielt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ihrer Werte beraubt, nehmen langsam persönliche Konflikte Oberhand und die Familie implodiert geradezu. Die theatralische Inszenierung und die Zeremonien bestärken die Beklemmung, welche der Film ausstrahlt, und kulminieren in einem bedrückenden aber eindrücklichem Ende.
Yoshitaro Nomura – 1974
Ein unbekannter alter Mann wird erdrosselt auf den Bahngeleisen in Tokyo gefunden. Erdrückt von der Hitze des Sommers suchen Imanishi und Yoshimura nach dem Mörder und kommen nur schleppend voran. Ein Detektivfilm der von seiner Stimmung getragen wird und jegliche Action von der Hitze erdrückt wird. Die Story entwickelt aber einen starken Sog, ist äusserst spannend und lässt sich ausgiebig Zeit für das Finale.
Mitsuo Yanagimachi – 1985
Das abgelegene Dorf Nigishima ist aufgeteilt in Fischer und Holzfäller, die beide ihre eigene Version des Shinto-Glauben verfolgen. Ein geplanter Naturpark soll das Dorf modernisieren und Arbeitsplätze schaffen. Der Holzfäller Tatsuo wehrt sich als letzter gegen den geplanten Naturpark, bis er sich und seiner Familie am Ende in einem unerklärlichen Akt das Leben nimmt. Ein eindrückliches und beklemmendes Portrait, inspiriert von einem ähnlichen wirklichen Fall.
Hirokazu Kore-eda – 1996
Ein eindrücklicher Dokumentarfilm über ein Mann, der nach einer Magenoperation nicht korrekt mit Vitaminen versorgt wurde und deshalb sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat. Damit kann er keine neuen Erinnerungen mehr machen und ist er nur kurz abgelenkt, hat er alles wieder vergessen. Ansonsten ist er aber noch geistig voll fit und wird sich immer wieder von Neuem seiner Krankheit bewusst.
Tatsuya Mori – 1998 & 2001
Zwei Dokumentarfilme über die Aum Shinrikyo Sekte, welche für die Giftgasanschläge auf die Metro in Tokyo 1995 verantwortlich ist. Der Film begleitet den Pressesprecher der Sekte und gibt einen Einblick in das deren Leben, zeigt aber auch die oft nicht weniger verrückten, welche die Sekte nach den Anschlägen konfrontieren.
Hirokazu Kore-eda – 2001
Eine Sekte vergiftet das Trinkwasser einer Stadt und tötet sich danach selber. Angehöriger der Sektenmitglieder kommen zum dritten Jahrestag zum Gedenken an den Ort des Anschlages und müssen ungewollt in der alten Hütte der Sekte übernachten. Ein eindrücklicher Film über Fanatismus, Verlust und der Vorwurf der Angehörigen an sich selber, nicht genug getan zu haben.
Akihiko Shiota – 2001
Sachiko ist nirgends willkommen, aus Gründen für die sie nichts kann. Ihre Mutter versucht sich das Leben zu nehmen und ihr ehemaliger Freund Sachiko zu vergewaltigen. Sie findet kurz trost bei einer Gruppe von Aussenseitern aber auch dieser Rückzugsort geht bald in Brüche. Sachiko erträgt alles lakonisch, bis es nicht mehr aushält und versucht aus ihrem Leben auszubrechen.
Minoru Matsui – 2001
Über Japanese Devils habe ich hier bereits schon geschrieben.
Erschütternder Dokumentarfilm über die Kriegsverbrechen der japanischen Armee während dem Zweiten Weltkrieg, hauptsächlich erzählt durch Berichte von Veteranen.
Nobuhiro Yamashita – 2003
Drei Filmemacher haben sich irgendwo weit auf dem Land für einen Dreh verabredet. Der Dritte taucht aber nicht auf und so müssen sich Tsuboi und Kinoshita, die nur wenige von einander halten, irgendwie die Zeit vertreiben. Von den Landsleuten werden sie aber verarscht, betrogen und gedemütigt. Dabei merken sie langsam, dass sie sich näher sind, als sie ursprünglich gedacht hatten. Dunkle Komödie die mit der Landidylle gründlich aufräumt.
Naomi Kawase – 2003
Ein traumähnlicher Film über zwei Zwilingsbrüder, von denen einer eines Tages plötzlich verschwindet. Der Film befasst sich weniger mit dem Grund oder Verbleib des Bruders als damit, wie die Familie mit dem unerklärlichen Verlust umgeht. Eindrückliche Soundkulisse und eine ruhige aber eindringliche Erzählweise, die mehr auf eine Stimmung als eine Story abzielt.
Nobuhiro Yamashita – 2006
Über Matsugane Potshot Affair habe ich hier bereits geschrieben.
Eine Frau wird angefahren, tot aufgefunden und vom Fahrer fehlt jede Spur. Nur entpuppt sich die Frau als noch nicht ganz so Tod und Komplizin eines Goldraubes. Nur wohin mit dem geklauten Gold? Einfach so auf Die Bank bringen kann man das ja nicht. Bitterböse und schwarze Satire über das Landleben.
Naoto Kumazawa – 2006
Aoi lernt Tomoya zuerst als Stalker kennen, später sind beide im gleichen Uni-Club und arbeiten in der gleichen TV-Produktionsfirma. Beide sind heimlich in einander verliebt doch dann kommt Aoi bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Was dramatisch klingt wird extrem ruhig und anti-dramatisch erzählt (der Film wurde von Shunji Iwai produziert). Anstatt die Gefühle zu überzeichnen lässt sich der Film viel Zeit, die Beziehung der beiden in kleinen Gesten zu erzählen.
Masayuki Suo – 2007
Teppei wird beschuldigt eine Schülerin in der Metro sexuell belästigt zu haben. Er könnte ein Schuldbekenntnis ablegen und sich damit aus der Affäre ziehen doch er beharrt darauf, nicht schuldig zu sein. Damit gerät er in die Mühlen der japanischen Justiz, die sich nur in 0.01% der Fälle gegen die Anklage der Staatsanwaltschaft entscheidet. Eindrückliche Kritik am System die nicht polemisiert und das Problem der sexuellen Übergriffe in der japanischen Metro ernst nimmt.
Shion Sono – 2008
Eigenwilliger fast vierstündiger Film über Religion, Sexualität, Familie und Unschuld, der keine Minute langweilt und sich immer wieder selbst neu erfindet. Die Geschichte ist absurd, die Charaktere überstilisiert und die Handlung unvorhersehbar. Shion Sono trifft aber trotzdem eine Balance die alles glaubhaft macht und womit der Film umso unterhaltsamer wird.
Kazuhiro Soda – 2008
Ein Dokumentarfilm über ein Psychiater, seine Patienten und die japanische Gesellschaft, die psychische Erkrankungen zu verstecken versucht. So hört man von Leuten die davon abgehalten werden notwendige Therapien zu besuchen oder deren Verwandte den Kontakt zu ihnen abgebrochen haben. Aber auch von denen, die dreist genug sind aus ihrem Stigma einen Vorteil zu gewinnen.
Takatsugu Naitô – 2009
Manzo ist alleinstehender Fischer in einem abgelegen Fischerdorf dem alle jungen Frauen in die Städte weggezogen sind. Beim Filmen eines Videos für eine Ehevermittlungs-Party tauchen plötzlich eine Frau und ein Kind in Manzos Schrank auf. Er stellt die Beiden und bietet ihnen an, offiziell bei ihm zu Wohnen. Manzo freut sich über die Gesellschaft doch für die junge Frau ist das keine wünschenswerte Zukunftsperspektive.
Yôji Yamada – 2010
Tetsuro ist leicht behindert und wird von seiner Familie wegen seiner Verhaltensauffälligkeit ignoriert. Nur seine Schwester Ginko kümmert sich um ihn, stösst wegen seiner Spiel- und Alkoholsucht aber auch immer wieder an Grenzen. Der Film protraitiert das fehlende Verständnis für psychische Leiden in Japan aber auch die schwierige Integration derer, die zu fit für ein Heim aber zu schwach für ein normales Leben sind.
Zuerst wurde Yoshifumi Kondo, ein Animator beim Studio Ghibli und langjähriger Weggenosse von Miyazaki, mit Whisper of the Heart 1995 als dritter Regisseur neben Miyazaki und Takahata aufgestellt, verstarb dann aber 1998 angeblich an Überarbeitung. Miyazaki kündete darauf seinen Rücktritt an, führte aber schon 2001 bei Spirited Away wieder Regie.
Als nächstes war Hiroyuki Morita dran – ebenfalls ein Animator bei Ghibli. Er übernahm 2002 The Cat Returns, ursprünglich ein 20-minütiges Projekt für ein Vergnügungspark, nach dem Abbruch des Projektes dann ein 45-minütiges internes Kurzfilmprojekt und schliesslich ein 75-minütiger Spielfilm. Der Film wirkte dann auch entsprechend aufgeblasen und konnte nur bedingt als Ghibli-Produktion überzeugen.
Beim nächsten Projekt versuchte es Miyazaki dann 2004 mit Mamoru Hosoda bei Howl’s Moving Castle, für einmal kein bestehender Ghibli-Mitarbeiter. Hosoda verliess das Projekt aber abrupt und Miyazaki sprang für ihn ein. Wahrscheinlich verstritten sich Hosoda und Miyazaki wegen stilistischen Differenzen – mit A Girl Who Leapt Through Time und Summer Wars hat Hosoda seither zumindest mit zwei Highlights der letzten Jahre sein Können gezeigt.
Als nächstes versuchte es dann 2006 der Sohn von Miyazaki, Goro, mit Tales from Earthsea. Angeblich haben Hayao und Goro während er Produktion kein Wort gewechselt, da Hayao der Ansicht war, sein Sohn sei noch nicht für die Regie bereit. Der Film erhielt die schlechtesten Bewertungen aller Ghibli-Filme aber zumindest scheint es mit Goro damit nicht vorbei zu sein, arbeitet er doch schon an seinem nächsten Ghibli-Projekt.
Ab diesem Punkt scheint Miyazakis Rücktritt mittelfristig vom Tisch zu sein und mit Ponyo führte er 2008 auch wieder bei einer starken Produktion Regie.
Die Suche nach einer Nachfolge ist damit aber nicht vorbei und 2010 durfte dann Hiromasa Yonebayashi bei The Borrower Arrietty Regie führen. Mit Hirosama ist Ghibli wieder beim Versuch, aus ihren Animatoren die zukünftigen Regisseure zu machen. Zwar hat Miyazaki das Drehbuch geliefert, doch ist Arrietty das bisher überzeugendste Produkt von Ghiblis Suche nach der nächsten Generation von Regisseuren.
Für Goros nächstes Projekt, eine Adaption eines Shoujo-Manga von 1980, scheinen sich Vater und Sohn wieder versöhnt zu haben, schreibt Hayao immerhin am Drehbuch mit.
Dazu redet der Produzent vom Studio Ghibli, Toshio Suzuki, im Moment von einem Fünf-Jahres-Plan, bei dem die ersten drei Jahre jungen aufstrebenden Regisseuren gewidmet sind, die weiteren beiden Jahre aber der Produktion von Epen. Miyazaki soll schon an seinem nächsten Werk arbeiten – nach Suzuki das beste seiner Karriere – und Isao Takahata, nach einer mehr als zehnjährigen Absenz, soll auch wieder an einem neuen Projekt arbeiten.
]]>In dieser Zeit hat Japan vor allem in China systematisch Kriegsverbrechen begannen, Millionen von unschuldigen Zivilisten ausgebeutet und getötet sowie verschiedene medizinische-, chemische und biologische Experimente an ihnen durchgeführt.
Der Dokumentarfilme sammelt die Aussagen von 14 Veteranen, die alle von einem Krieg berichten, der seinen Gegner jegliche Menschenrechte und -Würde abspricht und alles umbringt -egal ob Mann oder Frau, alt oder jung, Bauer oder Soldat.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kämpften die westlichen Imperialmächte um Einfluss in Ostasien. Zu dieser Zeit erzwang Matthew C. Perry die Öffnung Japans, das Shogunat wurde gestürzt und der wieder eingesetzte Meiji-Kaiser leitete eine rasante Modernisierung ein. Japan mischte sich darauf in den Imperialismus ein und träumte von einem grossen japanischen Reich, das ganz Ostasien umfassen sollte. 1910 annexierte Japan Korea, nam am ersten Weltkrieg in China teil und installierte 1931 nach einer Invasion einen Puppenstaat in der Mandschurei.
Die Interviews in Japanese Devils befassen sich aber mit der Zeit zwischen 1937 bis 1947 und dem zweiten Sino-Japanischen Krieg und dem Zweiten Weltkrieg, während der Japan zwischen 3 bis über 10 Millionen Chinesen, Indonesen, Koreaner, Philippinos und Indochinesen tötete. Die Aggressionen richteten sich dabei vor allem gegen die Chinesen und deren kommunistischen Wiederstand. Während von Japans Kriegsgefangenen durchschnittlich knapp 30% starben, kamen von den chinesischen Gefangenen lediglich 56 bei Japans Kapitulation frei. Von 1942 bis 1947 galt dazu die Sanko Sakusen (die Drei-Alles-Strategie: Alles Töten, Alles Verbrennen, Alles Plündern), mit der etliche chinesische Dörfer komplett ausgelöscht wurden. Das bekannteste Massaker ist das nach der Besetzung der Stadt Nanking, bei dem innerhalb von sechs Wochen mindestens 200’000 Zivilisten ermordet und 20’000 Frauen vergewaltigt wurden.
Dazu kamen Experimente in der biologischen Kriegsführung mit Cholera, Anthrax oder der Pest, die an lebenden Gefangenen ausprobiert und dann grossflächig eingesetzt wurden. Auch Folter von unschuldigen, Vergewaltigung und Nötigung zur Prostitution, wahllose Tötung von Zivilsten oder die Tötung von Gefangenen für medizinische Ausbildung und Forschung oder schlicht zur Ausbildung neuer Soldaten gehörten zur Tagesordnung.
Die 14 Veteranen, die in Japanese Devils interviewt werden, stammen aus den unterschiedlichsten Schichten und besetzten die unterschiedlichsten Ränge im Militär. Was sie erzählen ist aber immer ähnlich: Demütigung, sozialer Zwang, der erste Mord, wie sich nach dem 20. Mord eine Routine einstellt und sie das Töten zu geniessen beginnen. Dazu etliche Anekdoten bei denen sie Kinder, Frauen, Alte und hilflose Leute umgebracht haben – teilweise einfach erschossen, teilweise zuerst vergewaltigt, als Arbeitskraft ausgebeutet, gefoltert und dann ermordet. Gegen ende des Krieges, als die Versorgungslinien unter Chinesisch-Amerikanischen Druck abbrachen, gibt es auch Berichte von Kannibalismus und auch einer der Veteranen aus den Interviews gesteht, eine junge Frau seiner Truppe als Schweinefleisch zum Essen geben zu haben.
Diese Berichte sind schockierend und grausam, was bei den Interviews aber noch mehr unter die Haut geht ist die nahe Distanz zu den Interviewten. Sie sind schon lange wieder in die Gesellschaft integriert, haben geheiratet, Kinder und Enkelkinder bekommen. Sie waren normale Leute, bevor sie in den Krieg gezogen sind, und sind seither wieder zu normalen Leuten geworden. Für alle war die erste Tötung ein Schock, doch bald wurden sie vom ständigen Töten abgestumpft und rechtfertigten sich mit dem göttlichen Befehl vom Kaiser oder indem sie den Chinesen ihre Menschlichkeit absprachen.
Eindrücklich ist die Ehrlichkeit, mit der sie ihre Taten schildern und mit der sie zur Abscheulichkeit dieser stehen. Sie leiden unter den Erinnerungen, haben auch deshalb wahrscheinlich zu den Interviews zugesagt, erzählen aber oft mit Heiterkeit von den Kriegsverbrechen, womöglich weil sie nur so diese überhaupt erzählen können.
Die Ehrlichkeit zeigt aber auch das spezielle Kilma in Japan bezüglich dieser Kriegsverbrechen. Noch immer tut sich Japan schwer mit einer klaren und deutlichen Entschuldigung und die Interviewten hätten problemlos schweigen und ihre Erinnerungen ins Grab mitnehmen können. Am ehesten werden sie dann auch von den Nationalisten als Landesverräter beschimpft, wobei ihre Aussagen in ihrem Umfeld aber sicher viel auslösen können und dafür viel Mut benötigten.
Auch wenn Japan in den letzten Jahren viele Fortschritte in der Aufarbeitung ihrer Kriegsverbrechen gemacht hat, bleibt das ein sensibles Thema, das die Beziehungen zwischen Japan und China sowie Korea schwer belastet. Aktuelle Kontroversen sind zum Beispiel die Trostfrauen, welche in japanischen Bordellen zwangsprostituiert wurden und deren Unfreiwilligkeit 2007 von damaligen Permier Shinzo Abe abgestritten wurde. Oder die noch immer offenen Fragen bezüglich der Beteiligung des Kaisers Hirohito, welcher nach der Verfassung und wahrscheinlich auch in der Realität die volle Kontrolle über die Armee hatte, in der Nachkriegszeit aber als machtlose Puppe umgedeutet wurde und nie Rechenschaft ablegen musste.
Japanese Devils ist wegen der Nähe zu den interviewten Veteranen, der Abscheulichkeit ihrer Taten, dem Verzicht auf jegliche dramaturgische Unterstützung der Interviews und der fast drei Stunden Dauer ein Dokumentarfilm der unter die Haut geht. Die Veteranen brachen ihr schweigen, um die Wiederholung eines solchen Krieges zu verhindern. Indem sie eindrücklich zeigen, wie normale Leute zu Kriegsverbrechen werdern können, ist Japanese Devils ein bedrückendes Argument gegen jeglichen Krieg.
Eine gute Übersicht über das ganze Thema findet man auf Wikipedia: Englisch / Deutsch.
]]>Dabei etabliert Hosoda mit Summer Wars ein starkes Team aus ihm, Yoshiyuki Sadamoto für das Charakterdesign und Satoko Okudera für das Drehbuch, die auch das Drehbuch für den wunderbaren Realfilm Talk, Talk, Talk geschrieben hat und anscheinend auch an Hosodas nächstem Projekt beteiligt sein wird.
Summer Wars spielt in einer nahen Zukunft, in der immer mehr über eine virtuelle Online-Welt namens Oz abgewickelt wird. Viele Firmen und Behörden haben dort Büros eröffnet und ihre Netzwerke damit verbunden. Kenji ist Mitglied des Computer Clubs seiner Schule und während er über die Sommerferien als Systemadministrator einen Nebenjob in Oz verfolgt, taucht plötzlich sein heimlicher Schwarm Natsuki auf und sucht jemanden, der sie gegen Bezahlung zum Geburtstag ihrer Grossmutter begleitet. Kenji nimmt das Angebot freudig an, bekommt aber Zweifel als sich Natsukis Familie als altes Samurai Geschlecht herausstellt und er sich als Natsukis Freund, Todai-Absolvent und Sohn aus einer prestigeträchtigen Familie ausgeben muss. Dazu richtet auch plötzlich ein Virus on Oz beträchtlichen Schaden an und Kenji wird verdächtigt, diesen freigesetzt zu haben.
Das ist nur eine knappe Einleitung des Filmes und deutet nur an, was im Summer Wars plotmässig so alles abgeht. Da gibt es eine grosse Geburtstagsfeier, einen Cyberkampf mit einem beträchtlichen Chaos, das dieser in der Realität anrichtet, ein Familiendrama, eine Liebesgeschichte, eine Gedenkfeier und auch noch ein Baseballtournier. Dazu gibt es eine Unmenge von Charakteren und verschiedene Plotebenen für die Kinder, Frauen, Männer, Jungen und Alten die im Film vorkommen.
Kurz, eine ziemliche Übersodosis an Plots serviert da Hosoda und beim ersten Schauen des Filmes kann das schnell etwas überfordern. Die Geschichte spielt zwar Hauptsächlich im Familienanwesen der Shinohara und in Oz, es passiert aber so viel gleichzeitig, dass man nicht alles aufs Mal aufnehmen kann. Das ist aber durchaus das Konzept des Filmes und passt zum Chaos der Vorbereitung für eine grosse Feier in einer Grossfamilie. Gegen Ende des Filmes verdichten sich die Plots dann aber und kulminieren in einem spektakulärem Schluss.
Trotz der Überladung macht Summer Wars aber viel Spass und lädt dazu ein, sich den Film gleich mehrmals anzuschauen. So kann man die vielen kleinen Details und Plots entdecken, die alle super erzählt sind und mit viel Witz aufwarten. So kann ich zum Beispiel empfehlen, sich etwas auf die Kinder im Film zu konzentrieren, die etwas in ihrer eignen Welt leben und immer irgend etwas am machen sind.
Oz nimmt einen grossen Teil des Filmes ein und erinnert an die Bilder von Takashi Murakami. Vom Stil her hat mich dieser Teil weniger überzeugt aber dafür mehr darin, die Komplexität und Implikationen einer solchen virtuellen Welt auf eine einfache visuelle Weise zu vermitteln. Der Film thematisiert dabei Oz nicht als separate imaginäre Welt, sondern zeigt immer wieder wie sich Oz und die Realität gegenseitig beeinflussen. Schönen Szenen sind dabei wie während dem Cyberkampf immer wieder Ablenkungen aus der Realität diesen beeinflussen oder wie die Frauen gegen Ende des Filmes und kurz vor einem nuklearen GAU sich entgeistert darüber wundern, dass es sich bei Oz nicht nur um ein Spiel handelt.
Summer Wars kann ich allen wärmstens empfehlen. Dabei ist es wahrscheinlich am besten, beim ersten Mal nicht zu versuchen, alles mitzubekommen. Vielmehr sollte man sich einfach auf das Chaos einlassen und den Film dann nochmals schauen, um sich auf die Details konzentrieren zu können.
]]>Dabei gibt es genug Beispiele für die immer noch aktive Innovationskraft der japanischen Anime-Industrie. Eines davon ist der Sendeblock NoitaminA (AnimatioN – rückwärts geschrieben) auf Fuji TV, der seit 2005 Animes für ein etwas älteres weibliches Publikum ausstrahlt und für viele Highlights der letzten Jahre verantwortlich ist, so zum Beispiel:
(NoitaminA spezialisiert sich auch auf Shoujo-Horror-Anime, was nicht so mein Ding ist).
Und da erreicht uns die freudige Neuigkeit, dass NoitaminA seine Sendezeit verdoppelt! Pro Season können wir uns also nicht nur über eine, sondern gleich über zwei Serien aus diesem erfrischenden Sendeblock freuen. Das Doppelpack ist auch schon diese Season äusserst stark mit Tatami Galaxy und House of Five Leaves gestartet.
Dass da was dran ist hat in Amerika auch FUNimation und in Frankreich Kaze gewittert und gleich den ganzen Sendeblock für einen Simulcast (mit Japan gleichzeitige Online-Ausstrahlung) gebucht. Ich hoffe schwer, dass die Serien auch im Westen ein Publikum finden und die Simulcasts ein Erfolg werden.
]]>Yojō-Han Shinwa Taikei (The Tatami Galaxy) ist ihr Titel und handelt von einem mittelmässigem Uni-Student, die Wahl des Klubs beim Uni-Eintritt und wie diese alles verändert. Oder wie es die Homepage ausdrückt: «Es ist eine Anthologie des Paranormalen, welche die parallelen Welten der Jugend auf der Suche nach Liebe und Glück in einer unsicheren Zukunft offen legt.» Das wunderbare Charakter-Design stammt von Yūsuke Nakamura, der einigen vielleicht von den Plattencovern der Asian Kung-Fu Generation bekannt ist.
Ein zweiter Trailer ist auf der offiziellen Homepage aufgeschaltet worden und verbreitet bei mir richtig Vorfreude:
Update: Der Trailer ist wieder online und einige weitere Details zur Serie.
]]>Dank einer Retrospektive seiner Werke, die im Moment auf einer Tour um die Welt ist und im Filmpodium einen Zwischenstopp einlegte, konnte ich eine ganze Reihe seiner Filme aus allen seinen Schaffensperioden bewundern. Insgesamt habe ich es geschafft, acht seiner Filme zu sehen, und war jedes Mal beeindruckt: Oshimas Filme sind schön gefilmt, musikalisch erstklassig unterlegt, behandeln aber vor allem brisante Themen auf eine unübertroffene differenzierte, scharfe und menschliche Weise.
Geboren 1932 in Kyoto studierte Oshima Rechtswissenschaften, fand nach abgeschlossenem Studium aber keine Stelle, da er sich während dem Studium in linken Studentenbewegungen engagiert hatte. So bekam er eher zufällig eine Stelle als Regieassistent bei Schochiku und konnte 1959, mit 27 Jahren, das erste Mal Regie führen.
Oshimas Handschrift und Genius liegt im seinen scharfen Blick für Menschen und Personen sowie seinem Interesse für grundsätzliche und brisante Themen. Anstatt diese auf einer theoretischen Ebene sachlich abzuhandeln, wie man es sich von westlichen Filmen eher gewöhnt ist, behandelt er seine Themen immer exemplarisch durch Menschen, die seinen Filmen durch ihren Facettenreichtum eine unglaubliche Kraft geben.
So reichen die Themen seiner Filme von Rasissmus (The Catch) über Kindesmisshandlung (The Boy), sinnentleerten Zeremonien (The Ceremony), der zerstörerischen Kraft von Leidenschaft (In the Empire of the Senses), wer Recht hat im Krieg (Merry Christmas Mr Lawrence) zu der Unmöglichkeit auch in den starrsten Strukturen Gefühle zu unterdrücken (Tabu).
Oshima macht es sich dabei niemals einfach. In seinen Filmen gibt es keine Unterscheidung zwischen guten und schlechten Menschen. Vielmehr zeigt er seine Figuren als getrieben durch ihre Vergangenheit und Hoffnungen – gefangen in sozialen und gesellschaftlichen Strukturen. Gerade der Kontrast zwischen dieser menschlichen Bodenständigkeit und den spektakulären Themen, die er aufgreift, macht die Faszination seiner Filme aus. Sie sind weder reisserisch noch pathetisch, schauen aber in die Abgründe der Menschheit und vergessen dabei nie, dem Guten sowie dem Bösen, dem Schönen sowie dem Hässlichen seinen Raum zu geben.
Wobei seine Filme aber keineswegs einfach zu schauen sind. Nicht nur wegen der Thematik, die sich oft nicht für einen gemütlichen Filmabend eignen, sondern auch weil er den Zuschauer niemals bevormundet und ihm die Antworten nicht vorgeschnitten serviert. Zwar lässt sich Oshima viel Zeit in seinen Filmen für viele kleine Gesten und Momente, doch lässt er oft gerne vieles in der Schwebe oder nur angeschnitten. Seine Filme erzählen mehr als nur genug um selber den Schlussstrich ziehen zu können, doch wird dieser von Oshima meist nur angedeutet und ist offen für viel Interpretation. Oshimas Filme müssen geschaut werden – im eigentlichen Sinn des Wortes – sonst verpasst man schnell die feine Handlung seiner Filme.
Wobei es Oshima kaum darum geht, seine Filme möglichst anspruchsvoll zu machen. Vielmehr stellt Oshima seine Figuren und Gedanken in filmischer Form aus, anstatt mit seinen Filmen eine klare Absicht zu verfolgen. Wo er Dinge auslässt, liegt das mehr daran, dass er sich im Rahmen des Filmes dafür nicht interessierte oder für ihn die Antwort auch nicht gegeben war.
Viele Leute scheinen seine Filme aber klar zu überfordern, anders kann ich mir zumindest die konstante Unterbewertung seiner Filme auf IMDB und etlichen Kommentare, die von Langeweile und Unverständnis zeugen, nicht erklären.
1996 erlitt Oshima einen ersten Hirnschlag und musste seinen letzten Film im Rollstuhl und mit der Hilfe seines Sohnes drehen. Seither hat er noch zwei weitere Hirnschläge erlitten, was weitere Filme sehr unwahrscheinlich macht.
Für mich war die Retrospektive im Filmpodium aber eine Offenbarung. Schon etliche Jahre bin ich treuer Besucher ihrer Programme (oft auch von japanischen Regisseuren) und noch keines hat mich so durchwegs überzeugt wie die Filme von Oshima. Schade, ist sie nun schon vorbei, schade, dass ich nicht alle 15 Filme sehen konnte, schade, dass sich das Filmpodium 12 weitere Filme von Oshima wegen den horrenden Preisvorstellungen der Japaner nicht leisten konnte, und schade, dass sein Werk nur begrenzt auf DVD erhältlich ist. Hoffentlich kann die Retrospektive hier etwas ändern.
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