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Manga für Junge II: Bokura ga Ita

Die Zielgruppe eines Manga ist auch nach der Lektüre eines solchen nicht immer einfach abzuschätzen. Oft wird das Alter der Zielgruppe entweder unter- oder überschätzt. Überschätzt wird es vor allem von Leuten, die immer noch der Gleichung “Manga = Comic = für Kinder” anhängen, und unterschätzt wird es von Lesern, die in Manga gerne etwas Erwachseneres sehen. Aus einer westlichen Perspektive ist sowohl überraschend, was für Themen gezeichnet in Manga aufgegriffen werden, als auch was die Japaner bestimmten Altersgruppen zumuten.

Ein guter Indikator für die Zielgruppe eines Manga ist das Magazin, in dem dieser zuerst kapitelweise veröffentlicht wird. Von diesem Markt bekommt man bei uns, wo Manga hauptsächlich in den Sammelbänden veröffentlicht werden, nur sehr wenig mit. In Japan gibt es aber etwa 175 grössere und etliche kleinere Magazine, die im Rhythmus von einigen Monaten bis wöchentlich erscheinen und 70% des Manga-Marktes ausmachen.
Noch nicht vor langer Zeit war es schwierig, Informationen zu diesen Magazinen in einer anderen Sprache als Japanisch zu bekommen. Das hat sich aber geändert und zum Beispiel auf Wikipedia findet man zu vielen Manga das entsprechende Magazin und dort dann auch die Zielgruppe.

Tenshi Nanka Ja Nai, den ich im ersten Teil vorgestellt habe, erschien im Magazin Ribon, das an ein jüngeres weibliches Publikum von etwa 9 bis 13 Jahren gerichtet ist. Bokura ga Ita hingegen – und da bin ich mit dem Titel dieser Post-Reihe selber etwas in die Falle des Unterschätzens getreten – erscheint im Magazin Betsucomi, dass zuerst zwar an eine ähnliche Zielgruppe wir das Ribon gerichtet war, zunehmendes aber an ältere Teenager und junge Frauen vermarktet wird.

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Bokura ga Ita (Wir waren da) von Yuuki Obata
Gewinner des Shogakukan Manga Award von 2005 in der Kategorie Shoujo.
Erstveröffentlichung 2002, noch am laufen. Umfasst momentan 12 Bände.
Übersetzung auf Französisch als C’était nous (2006-heute), bisher 10 Bände
und auf Deutsch als Bokura ga Ita (2006-heute), bisher 7 Bände

Adaption als Anime 2006 von Akitaro Daichi, 26 Episoden.

Aber die Unterschätzung von Bokura ga Ita kommt nicht von ungefähr. Die Reaktionen auf den ersten Band des Manga oder auf die ersten Episoden der TV-Serie fallen oft ähnlich aus: Durchschnittlicher Shoujo, nichts Neues und langweilig.
Ich kann diese oberflächlichen Beurteilung verstehen, denn auf den ersten Blick erscheint der Plot und die Charaktere wirklich der x-te durchpausung der typischen Shoujo-Schablone zu sein:

Nanami Takahashi ist 15 Jahre alt und beginnt gerade mit ihrer Mittelschule. Sie versucht Anschluss an ihre Klassenkameradinnen zu bekommen und erfährt schnell von Yano Motoharu, in den in seiner vorherigen Schule alle Mädchen seiner Klasse verliebt gewesen sein sollen.
Yano ist in der gleichen Klasse wie Nanami und seine lockere aber unengagierte Art geht Nanami schnell auf die Nerven. Entgegen ihrer Erwartungen verliebt sie sich aber in Yano und sie gehen bald zusammen aus.

Während die Meilensteine Kokuhaku (Liebesgeständnis) etwa die Hälfte und das Ausgehen das Ende in vielen Shoujos markieren, werden sie in Bokura ga Ita schon in der ersten Hälfte des Manga abgehakt. Bis hier befindet man sich wirklich in einem klassischen Shoujo, wobei das Liebesgeständnis schon etwas merkwürdig ausfällt:

(gekürzter Dialog)
Nanami: Ich bin vielleicht in dich verliebt.
Yano: Also. Willst du mit mir ausgehen?
Nanami: Einen Moment. Liebst du mich?
Yano: Ja.
Nanami: Bah?! Warte! Du hast einen Moment gezögert. Stimmt es wirklich, dass du mich liebst?
Yano: Ja, ziemlich.
Nanami: Aber meinst du wirklich Liebe? Ich will wissen, ob du wirklich in mich verliebt bist.
Yano: Tut mir leid, ich weiss es nicht.
Nanami: Also, nein. So ein Gefühl brauche ich nicht. Wenn du mit mir ausgehen willst, musst du mich wirklich lieben.
Yano: Ah, ok.

Hier sieht man schon die Abweichung von der typischen Shoujo-Formel, bei der die Liebe etwas absolutes und unumstössliches ist. Sicher gibt es Verwirrungen aber eben auch die schicksalhafte richtige Liebe. Und wenn die mal erkannt ist, gibt es kein Zurück mehr.
In Bokura ga Ita ist die Liebe etwas viel unsicheres. Weder Yano noch Nanami können zu Beginn mit Sicherheit sagen, ob sie gerade richtige Liebe verspüren und durchlaufen auch später mehrere Phasen, in den sie an ihrer Beziehung ernsthaft zweifeln.

Wichtiger aber noch ist, dass in Bokura ga Ita die Handlung den Charakteren untergeordnet ist. Handlungsmässig passiert in den ersten Bänden nicht sehr viel, vielmehr geht es darum, wie Nanami und der Leser langsam Yano näher kommen, der den zentralen Teil der Geschichte einnimmt. Was da gezeichnet wird, ist ein vielschichtiges Bild von Verlust, Wut, Trauer und eigener Schuld, die bisher verdrängt und erst langsam verarbeitet wird. Das könnte jetzt schrecklich melodramatisch sein, doch Bokura ga Ita nimmt sich viel Zeit für den Aufbau seiner Charaktere und die eher zurückhaltenden Charaktere sowie die weichen Zeichnungen umschiffen jeglichen Pathos.

Yano ist für mich dann auch das Spannende an Bokura Ga Ita. Wie Yuuki Obata da einen fröhlichen und umgänglichen Charakter schildert, der aber im Innern einen Wiederspruch bergt, der nur schmerzlich zu verarbeiten ist, habe noch in keinen anderem Shoujo gesehen. Der Manga macht dann später auch einen Zeitsprung und schildert Nanamis Eintritt in das Berufsleben. Das verdeutlicht, dass sich der Manga klar an ein älteres Publikum um die 20 richtet.

Was Bokura ga Ita aber am grundsätzlichsten vom klassischen Shoujo unterscheidet ist die Einsicht, dass auch wenn Zwei sich lieben und von ganzem Herzen das Glück des Anderen wünschen, das noch lange nicht bedeutet, dass sie auch glücklich werden. Das ist eine grundsätzliche Abkehr vom typischen Muster, bei dem, sobald die gegenseitige Liebe gegeben und alle äussere Schranken überwunden sind, das ewige Glück folgt.

Wer also Bokura Ga Ita als normalen Shoujo abtut, unterschätzt nicht nur die Zielgruppe des Manga, sondern beurteilt ihn auch voreilig. In vielen Belangen ist Bokura Ga Ita ein Shoujo und bezieht sich sicher auch bewusst auf die Klischees. Damit fallen die Brüche aber nur noch mehr auf und zeigen, dass Yuuki Obata mit dem Manga eine Leserschaft ansprechen will, welche die klassischen Shoujo kennt aber diesen schon etwas entwachsen ist.

von Adrian am 23.02.2008 in Manga
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9 Kommentare

• Suzu

Wie du ja weisst, liebe ich den Manga aus den genau gleichen Gründen die du aufgezählt hast, besonders da er sich viel echter anfühlt als ein Manga der vielleicht alle Erwartungen der Leser erfüllt, aber letztendlich flach wirkt, da die Charaktere so handeln “müssen”um die Story Shoujo Typisch zu gestalten.
Das ärgert mich zum Beipsiel an Yuu Watase so, es gibt meistens zwei Kandidaten und man weiss im voraus mit wem sie letztendlich zusammen kommt, darum habe ich auch schon lange aufgehört, ihre Manga zu lesen.

• Adrian

Ich wundere mich, warum bestimmte Autoren so viel mehr auf Klischees zurückgreifen als andere. Ist es die Erwartungshaltung der Leser, die das immer gleiche wollen? Wobei die Klischees auch zu solchen geworden sind, weil sie eben auf eine Art sehr gut funktionieren und gerade bei neuen Lesern noch unverbraucht wirken. Dagegen sind eigene Ideen nicht nur schwieriger zu finden sondern auch schwieriger umzusetzen.
Auf der anderen Seite frage ich mich auch, ob die Verwendung von Klischees auch auf ein gewisses Unvermögen des Autors hindeutet, der eben keine eigene Ideen entwickeln kann.

Darüber muss ich mal einen Eintrag schreiben. ^^

• Suzu

Auf der anderen Seite ist es sicher auch so dass besonders neue Autoren, die meistens auch begeisterte Leser sind und/oder waren, diese Klischees mögen und sie einsetzen _wollen_. So ensteht eine Schleife. ;) Was ich so im Comic-Shop mitbekomme ist teils sehr interessant: Die meisten jungen Leser sind sich gar nicht so der Klischees bewusst, die angewendet werden, sondern nehmen es einfach so hin, als sei es eben “normal, bzw. als gehörte es zur Geschichte. Auf http://shoujo-manga.com/ findet man die “Shoujo Manga Plot devices, ist ziemlich lustig zu lesen, besonders wenn man schon so viele Shoujo wie ich gelesen hat. ;)

Ich denke da braucht es schon eine etwas kritischere Leserschaft, dass sich da etwas ändert. Ist ein interessantes Thema, dazu lässt sich bestimmt vieles schreiben.

*braucht Themen für den Blog* XD

elba

Im Gegensatz zum Anime finde ich den Stil im Manga sogar angenehm. Den Anime habe ich auch leider eher früh wieder abgebrochen, da ich aufgrund dessen nicht wirklich damit zurecht kam, fand es persönlich eher “abschreckend” oder zumindest anstrengend und habe eigentlich nichts davon mitgenommen.

Wusste allerdigns noch gar nicht, dass der Manga bereits auf Deutsch übersetzt wurde (und das auch gar nicht erst seit gestern!), vielleicht lese ich mich da mal rein :)

ich finde mangas zeichnen toll. und das hast du gut gemacht

es ist einfach eine schöne geschichte und ist einfach toll. ich finde mangas auch total cool.ich will dich kennenlernen.mfg deine julia aus wassenberg

kübra

leider bin ich schon bald fertig mit dem anime kennt jemand ein sehr ähnliches wie diesen anime . denn dieser anime hat mich sehr mitgenommen und ich würde gerne so ein ähnliches nochmal sehen also bitte bitte meldets euch

• lara

das ist voll geil ein riesen grosses looob…;P

• dori

ein ganz dickes lob von mir sieht echt klasse aus!!!!

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