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Zu viel des Guten

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Seit zwanzig Jahren schreibt Kosuke Fujishima and Ah! My Goddess, hat 34 Bände veröffentlicht und ist noch zu keinem Ende gekommen. Mein Kontakt mit der Serie beschränkt sich auf ein paar wenige Seiten des Manga, einigen Episoden der diversen TV-Serien und des Kinofilms. Während ich den Stil und die Gemächlichkeit der Serie durchaus ansprechend finde, konnte ich mich bisher nicht mit ihr anfreunden.

Im letzten Dezember wurde im japanischen Fernsehen ein zweiteiliges Special von Ah! My Goddess ausgestrahlt. Tataku Tsubasa (Fighting Wings) heisst das Teil und ganz unschuldig beschloss ich, der Serie eine weitere Chance zu geben. Dass es mit zwei Episoden schon überstanden sein würde, hat natürlich seines zu dieser Entscheidung beigetragen.

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Schnell war dann aber die Bestätigung: Ah! My Goddess ist wirklich nichts für mich.
Der Grund ist ganz einfach: Die Serie ist einfach zu nett!

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Ja, sogar die Tiere und Pflanzen sind nett.

Ich bin ein optimistischer Pessimist. Während ich in meinen Gedanken pessimistischer Einstellung bin, vertrete ich die Ansicht, dass sich das Handeln immer optimistisch motiviert sein soll. Nettigkeit muss also gegeben werden, wenn man von der Welt erwartet, dass sie einem auch nett behandeln sollte.
Im Grunde ist diese Einstellung auch in Ah! My Goddess wieder zu finden. Nur in einer so überschwänglichen – einem Vorschlaghammer gleichenden – Blumigkeit, dass es mir ab der absoluten Nettigkeit fast schlecht wird.

Was Ah! My Goddess fehlt ist der Pessimismus des Denkens oder der Abgrund hinter der Nettigkeit. Wir leben in einer Zeit des Pluralismus, in der sogar James Bond – der Sunnyboy schlechthin – eine abgründige Seite zugestanden bekommt. Belldandy scheint in diesem Moment wie ein Relikt aus früheren Zeiten, das stoisch bis in die Gegenwart sorgsam bewahrt wurde. Dass tragisch daran ist, dass dies nicht nur so scheint, sondern absolut zutrifft.

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Belldandy bekehrt sogar die Ausgeburt des Bösen mit ihrer Nettigkeit.

Aber die überzeugte Vertretung der Ansicht, dass man jedes Leiden mit gutem Aussehen, grenzenloser Nettigkeit und Gütigkeit überwinden und sogar umkehren kann, ist auch für die Achtziger keine Normalität. Ich glaube, dass Ah! My Goddess schon bei seiner Erstveröffentlichung die optimistische Einstellung seiner Zeit auf die Spitze getrieben hat.

Dabei ist die Nettigkeit nicht unbedingt, was mich bei Ah! My Goddess auf die Bäume bringt. Ich bin ein grosser Fan von Geschichten mit einer positiven Grundhaltung. Dazu gehört aber auch immer ein Schuss Abgründigkeit, der die Grundhaltung erst ihre Farbe gibt. Was mich an Belldandy und Co. stört ist die – einem religiösen Fanatismus gleichende – Vehemenz, mit der die Nettigkeit durchgeboxt wird.
Die Welt vertritt nicht nur die Grundhaltung, dass mit Nettigkeit alles gelöst werden kann, sondern ist gleich das Idealbild einer Welt, in der auch wirklich alles durch und durch Nett ist. Dass Nettigkeit, wie gut sie auch immer gemeint ist, auch verletzen kann, ist in da kein Thema.

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An Belldandys Brust wird jedes noch so tiefe Seelenleid geheilt.

Während dem Schauen des Specials habe ich mir immer wieder Gewünscht, dass doch die überglückliche Fassade endlich fallen würde und die volle Grausamkeit dieser Welt zu Vorschein kommen würde. Dass Belldandy auf Kenichi herab schaut und ihn betrachtet wie eine Katze einen kleinen Käfer. Und dass Kenichi Belldandy umgekehrt schon immer viel zu langweilig und borniert empfunden hat und sich bei jeder Gelegenheit im Vergnügungsviertel von Tokyo aufhält.

Die Serie provoziert geradezu solche Gedanken und da verwundert es, was die Serie doch für einen Atem hat und schon zwanzig Jahre trotzig jeglicher Abgründigkeit widersteht. Das verdient doch Beachtung, auch wenn ich es wahrscheinlich nie schaffen werde, diese Serie in mein Herz zu schliessen!

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Und was bleibt am Ende übrig? Ein Happyend und viel Nettigkeit.

von Adrian am 19.01.2008 in Anime
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3 Kommentare

yuki

Eyho. Also erstmal muss ich zugeben, dass ich nicht den ganzen Beitrag gelesen habe, weil ich das Ding nocht gesehen hab und deswegen mich nicht spoilern wollte. Unabhängig davon kenn ich aber gut 20 Bände vom Manga und die alte OVA. Und soviel nun zu deiner Belldandy Kritik: Belldandy ist nett. Sie ist nicht nur nett, sie ist eine Göttin und verkörpert alles Schöne und Gute. Dem Leser (oder Zuschauer) zu offenbaren, dass Belldandy auch eine wirklich finstere Seite hat, wäre ein Schuß in den Ofen. Genau das macht diesen Charakter ja aus und genau deswegen ist dieses Mädchen auch so sympathisch. Vielleicht gerade weil Belldandy seit zwanzig Jahren das Gute verkörpert und sonst nichts anderes (und Kenichi einfach den ‘herzensguten’, leicht verklatschten Typen von nebenan mimt) bleibt sie uns bis heute in ihrer Urform erhalten. Keine Ahnung, wollte einfach nur mal sagen, ich finds gut so, wie’s ist, zumindest was das Manga angeht. Kann aber gut verstehen, wenn der persönliche Geschmack mit der Reihe nix anfangen kann ;)

• Stefan

Ich weiß genau was du meinst.
Ich bin zwar ein riesen Fan der Serie, aber vor allem im Film gibt es Pausenlos
Momente in denen ich mich vor Scharm auf der Couch kringel!!!
Weil diese Belldandy einfach so nett und naiv ist^^

Den Dämonen sei Dank, das Mara hin und wieder mit ihrer “bösen” Präsenz
den Schleier bricht.

• Mistress 9

Ich konsumiere seit über einem Jahrzehnt jeden “Härtegrad” an Manga/Anime, und diese uneingeschränkt positive Serie mag ich gerade weil sie so ist wie sie ist, auch als Gegenpol zur Realität.

Ich liebe diese Serie, habe bisher 38 Bände des Manga gelesen, und der Film erzählt die Story um die Walküre Rinda “die Feder des Krieges” (bzw. Rind/Lind). Ich mag diese Teilgeschichte des Manga sehr, als diese außergewöhnliche Krieger-Göttin das erste Mal in Erscheinung tritt und kann jedem nur wärmstens empfehlen, sich davon verzaubern zu lassen ;)

Ja, OMG ist grundgut bis schreiend naiv – aber gerade das mag ich daran. Diesen Glauben an das Gute, sich dafür einzusetzen und Alles dafür zu geben.
Die Naivität der Protagonisten die zu den absurdesten Situationen führt, lässt mich immer wieder Tränen lachen. Das ist eben der wunderbare einzigartige Humor von Kosuke Fujishima.
Diese Schwarz-weiß-Malerei mag kindlich naiv scheinen, aber hallo wir reden hier immerhin von Göttern und Dämonen, der ultimativen Verkörperung von Gut und Böse. Und wer die genau hinsieht, erkennt auch die leisen kritischen Zwischentöne, die Grautöne der Charaktere, Stichwort Urd – Kenner wissen was ich meine ;)

Bilde dir deine eigene Meinung.
In diesem Sinne: reinziehen und genießen :D

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